[German] “Geschichten eines Expeditionsschlafsacks”

Hello, everyone, and welcome back to Bio On The Rocks. As announced, the past few weeks have been all about my first scientific cruise. We spent five days aboard the Helmer Hanssen, collecting samples and identifying countless species. Since some organisms were so small and the diversity simply too vast to be fully documented in the limited time on the ship, we spent four intensive lab days at UNIS analysing the remaining samples. Drafting reports was also time-consuming, and last Friday, we held numerous group presentations on the analysed and interpreted results.

I would love to share my detailed experiences on the Helmer Hanssen and highlight my primary outcomes. However, I want to dedicate this post to a specific item that means a lot to me.

On my first scientific cruise, I had a red expedition sleeping bag with me, which my father lent me for my trip to Svalbard. As fate would have it, my father acquired this special sleeping bag 35 years ago when he was the same age as I am now. He bought it for his expedition to Aconcagua, carried it with him on many travels over the years, and now he has given it to me, his daughter, for my stay in the Arctic. I find this story so beautiful that I wanted to give it a bit more attention and interviewed my father, Rupert, to learn more about the sleeping bag and his journey to the Aconcagua Mountain.

My brother, Jason, my Dad, and I had a long phone call during which I heard many new stories, even beyond the trip. I initially considered translating the “interview” into English. However, many things simply cannot be translated into English without losing the essence of the original language. Therefore, this will be the first German blog post, something I might repeat in the future in the form of interviews from time to time.

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Joana: „Papa, wie hat es sich ergeben, dass du überhaupt auf dieser Aconcagua-Reise mitmachen konntest?“

Papa: Nach meiner Zeit bei den Gebirgsjägern der Bundeswehr habe ich beschlossen, ein Jahr Pause einzulegen, bevor ich mit dem Studium beginne. Ich wollte nach Afrika und den Kilimanjaro besteigen. Das war auch erfolgreich, und kurz darauf reiste ich mit einem Freund drei Monate durch Ecuador, Peru und Bolivien. Diese Reisen haben mir so viel Freude bereitet, dass ich merkte, ich kann mich gut auf ein Ziel fokussieren und Risiken sicher einschätzen.

Ein Schlüsselerlebnis war, als ich am Flughafen in Lima eine Gruppe traf, die von einem jungen Reiseleiter geführt wurde. Da habe ich gedacht, „Wahnsinn, so ein junger Bursche, und der macht das schon als Job.“ Das inspirierte mich, selbst als Reiseleiter zu arbeiten.

Nachdem ich begonnen hatte, Biologie zu studieren, merkte ich schnell, dass ich kein Wissenschaftler bin. Mein Vater ermutigte mich, etwas zu studieren, das mir liegt, also wechselte ich zu Sport und Geographie auf Lehramt. Er sagte: „Es ist kein Versagen, wenn man mal erkennt, dass der Start in ein Studium nicht das ist, was man sich vorgestellt hat. Dann lieber frühzeitig abbrechen und was anderes anfangen.“

Während meiner Studienzeit bewarb ich mich beim DAV Summit Club als Reiseleiter. Der Günter Sturm, ein renommierter Bergführer und Expeditionsleiter, gab mir die Chance und meinte: ‘So Leute, wie dich, können wir gebrauchen.’ Das war wie ein Ritterschlag und er hat mich sehr gepusht. Mein erster Einsatz war in Montenegro, wo ich drei Mal einen Monat lang gearbeitet habe.

Eines Tages erhielt ich einen Anruf vom Summit Club. Der Reiseleiter für eine Ecuador-Expedition musste kurzfristig absagen und sie brauchten dringend Ersatz. Ich erinnere mich noch, wie ich sagte: „Ja Günter, ich bin zwar schon mal in Ecuador gewesen, aber ich habe ja da 15 Teilnehmer und ich habe ja noch nicht so viel Erfahrung als Reiseleiter.“ Und er antwortete: „Du hast so gute Bewertungen den Sommer über gekriegt und wenn ich dir es nicht zutrauen würde, dann würde ich dich jetzt nicht bitten.“

Trotz meiner Bedenken nahm ich die Herausforderung an und leitete erfolgreich eine Gruppe auf zwei hohe 5000er und den Chimborazo, den höchsten Berg Ecuadors. Diese Erfahrungen führten dazu, dass ich im Frühjahr darauf wieder angefragt wurde, diesmal für eine Trekkingtour in Nepal. Obwohl ich noch nie in Asien gewesen war, nahm ich die Herausforderung an und führte erfolgreich eine Gruppe um die Annapurna. Diese erfolgreichen Einsätze überzeugten den DAV Summit Club, mir mehr Verantwortung zu übertragen.

1989/90 wurde mir schließlich die Leitung einer Expedition zum Aconcagua angeboten. Günter Sturm sagte: „Du bist jung, fit, engagiert und machst eine super Arbeit.“ Es war eine große Ehre und ein Vertrauensbeweis, diese Aufgabe zu übernehmen. So kam es, dass ich als noch sehr junger Expeditionsleiter eine Gruppe zum Aconcagua führte.

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Joana: „Die Aconcagua-Reise war aber dementsprechend die erste Reise, die in dieser Form und Umfang stattgefunden hat? Wie war das so?“

Papa: Durch meine vorherigen Reisen auf den Kilimanjaro und in Südamerika hatte ich bereits eine Ahnung, was die Höhe und Anstrengung mit einem macht. Damals war viel weniger technisches Know-how vorhanden, und es gab keine Handys oder moderne Ausrüstung. Aber ich war mental stark und entschlossen. Wir mussten unsere Ausrüstung selbst tragen und uns auf uns selbst verlassen.

„Was man nicht unterschätzen darf: Die Bedingungen nehmen exponentiell zu. Eine Wanderung auf einen 2000er ist nicht einfach nur ein bisschen mehr als auf einen 1000er, sondern doppelt so anspruchsvoll. Das Klima wird rauer, der Wind stärker, und die Luft ab 2500 Metern deutlich dünner. Ich habe da ein gutes Gespür für potentielle Gefahren entwickelt.“

Während der Aconcagua-Reise habe ich allerdings auch gemerkt, dass ich für Expeditionen dieser Art, bei denen das einzige Ziel der Gipfel ist, nicht unbedingt gemacht bin. Es fiel mir schwer, mich an die Höhe anzupassen, schon zuvor und auch danach immer wieder. Obwohl ich den ganzen Oktober und November zuvor in Nepal war und eine gute Grundakklimatisation hatte, fiel mir die Anpassung am Aconcagua schwer. Nach dem zweiten Mal im Lager 1 fühlte ich mich immer noch nicht gut angepasst.

„Ich habe auch erkannt, dass eine Expedition in der Form schon sehr auf den Gipfel fokussiert ist. Du fährst da hin, du gehst zügig an den Berg ran, und dann baust du eine Lagerkette auf. Und das ist mir eigentlich für so ein exotisches Land, egal ob Argentinien, Nepal, Tibet zu wenig. Ich bin viel lieber unterwegs am Stück und erlebe jeden Tag neue Landschaften, einen anderen Kulturraum, auch neue Volksgruppen in einem anderen Tal, jenseits des Passes.

Ich passe mich jeden Tag etwas mehr an die Höhe an. Und wenn es dann passt zum Ende der Tour, wenn man irgendwo auf einer Alm sein Lager aufgeschlagen hat, das Wetter ist gut, die Leute sind angepasst. Und man kann dann noch einen 5- oder 6-Tausender besteigen, dann ist es ein tolles Erlebnis. Aber dieses ‘ausschließlich auf den Gipfel fixiert sein…’ und man investiert viel Geld, Zeit, Engagement, Nerven und letztendlich ist es abhängig, ob an diesen drei Tagen, an denen man auf den Gipfel gehen kann, das Wetter gut ist, oder die Leute gesund sind, und dann kommst du nach Hause – Also wir haben eine optimale Vorbereitung gehabt und dann hat das Wetter nicht mitgespielt. Und alle sagen, was war denn los, warum bist du nicht hochgekommen… da ist das Erfolgserlebnis für mich auf einer Trekkingtour immer viel größer gewesen.“

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Joana: „Wie hast du dich denn bezüglich der Ausrüstung vorbereitet? Hast du auf Empfehlungen von anderen gehört oder wie konntest du dich vorbereiten, wenn du eine solche Tour noch nicht gemacht hast?“

Papa: Ich habe mich auf zahlreichen anderen Touren vorbereitet und herausgefunden, dass ein guter Schlafsack leicht und gut isoliert sein muss. Mein erster Schlafsack war ein Goretex-Schlafsack, den ich mit 18 Jahren gekauft habe. Er hat damals 350 DM gekostet, was eine große Investition für mich war. Goretex war neu auf dem Markt, eine semipermeable Membran, die wasserdicht und atmungsaktiv war. Ich habe ihn auf vielen Reisen benutzt, auch in den Vogesen, Südamerika und Afrika. Aber dieser Schlafsack hatte nur 800 Gramm Daunenfüllung und war nicht so qualitativ wie die heutigen Schlafsäcke.

Für die Aconcagua-Expedition musste ich dann investieren. Ich habe während der zwei Jahre bei der Bundeswehr 500 DM im Monat gespart, um mir gutes Equipment leisten zu können. Für die Aconcagua-Expedition habe ich mich dann intensiv beraten lassen und einen hochwertigen Expeditionsschlafsack gekauft. Ein Freund in München, der in einem großen Sportgeschäft gearbeitet hat, hat mich beraten und gesagt, der beste Schlafsack sei dieser Celesta. Das Besondere daran war nicht nur die große Daunenfüllung, sondern die spezielle Kammersteppweise, die für eine optimale Isolierung sorgt, das Daunen-Federverhältnis, und die doppelten versetzen Reißverschlüsse.

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Joana: „Erzähl uns von deinen Erfahrungen am Aconcagua selbst. Was ist dort passiert, das dir besonders im Gedächtnis geblieben ist?“

Papa: Einer der bemerkenswertesten Momente war, als wir auf dem Weg zum Gipfel auf einen kleinen Hund stießen. Ich war in der Nacht vom Lager 1 aufgestiegen, da ich für meine Akklimatisation länger brauchte und bin früher los als die anderen in Lager 2, um sie dort einzuholen. Und plötzlich sah ich diesen kleinen Hund allein nahe Lager 2 auf 5850 Metern Höhe. Ich habe ihm einen halben Müsliriegel gegeben und gedacht: „Mensch, was machst du denn da? Geh doch wieder runter.“ Doch der Hund verschwand und tauchte später wieder auf, als wir den Gipfel erreichten. Ich konnte meinen Augen nicht trauen, dass ein Hund mit so kurzen Beinen tatsächlich aus eigener Kraft da hochgestiegen war. Es war ein völlig verrücktes Erlebnis.

Eine schöne und witzige Situation war, als wir Weihnachten im Basislager feierten. Wir hatten Kerzen aufgestellt und ich habe aus den Tiefen meines Seesacks zwei Christstollen von der Oma (Papas Mutter) und ein Früchtebrot herausgeholt. Unsere Übersetzerin, die dort an einer heimischen Schule gearbeitet hat, dekorierte alles ein bisschen. Es war sehr heiß im Basislager, aber wir haben den Christstollen gegessen und Weihnachten gefeiert. Das war ein besonderes Erlebnis, Weihnachten in der Hitze des Basislagers am Aconcagua zu verbringen.

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Joana: „Was würdest du sagen, was sind die Sachen, die du am meisten von der Aconcagua-Reise mitgenommen hast? Gab es etwas, das die Art, wie du übers Bergsteigen nachgedacht hast, verändert hat?“

Papa: Ich habe erkannt, dass ich ein guter Teammanager bin und eine Gruppe gut einstimmen kann, gemeinschaftlich an einem Strang zu ziehen. Das hat mir geholfen, zu akzeptieren, dass ich wahrscheinlich nie ein hervorragender Höhenbergsteiger werde, aber dass ich als Trekkingführer einen großen Beitrag leisten kann.

Was ich auch gemerkt habe, wie wichtig Gemeinschaft ist und wie sehr man voneinander profitieren kann. Es ist viel Leerlauf, bei einer solchen Expedition. Das glaubt man gar nicht. Man sitzt viele, viele Stunden zusammen, in denen man nichts macht, und einfach im Klappstuhl sitzt und sich was erzählt. Wenn du dich zurückziehen würdest, in dein Zelt, bist du nicht nur alleine, sondern dann wird die Zeit verdammt lang und du bist richtig einsam. Wie wichtig Gemeinschaft ist, dass du auch einfach mit fremden Leuten zusammen sitzen kannst… gemeinsam dich passiv zu regenerieren und irgendwie wieder Kräfte zu schöpfen, für den nächsten Tag, wo du dann wieder in die Höhe steigst.

Wenn man so im Außen mit Menschen unterwegs ist, merkt man, wie viel der andere, das Gegenüber, die Gruppe, einem Nähe, Sicherheit und Schutz geben kann. Der Mensch ist ein Gemeinschaftswesen. Es gibt Leute, die im Alleingang die Sahara durchqueren, aber das sind einzelne Typen. Je mehr der Mensch sich in diese Gemeinschaft einbringt, mit seinen Fähigkeiten und Eigenschaften, desto mehr kommt auch zurück. Die Gemeinschaft ist aber eben auch wie ein Spiegel. Und das habe ich auf dieser Tour auch wieder deutlich gemerkt.

“Ich denke oft über das nach, was der Reinhold Messner gesagt hat: „Das Bergsteigen ist an sich nutzlos, es erwirtschaftet keine Werte, aber es ist nicht sinnlos. Denn den Sinn geben wir.“ Wenn wir einen Sinn darin sehen, mit einer Gruppe einen 8000er zu umrunden und schöne Gemeinschaft zu erleben, dann haben wir viel mehr gelernt, als wenn wir in einem Hörsaal sitzen und ein trockenes Anleitungsbuch lesen.“

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Nach unserem ausführlichen Gespräch habe ich festgestellt, dass das Interview mit meinem Vater weit über die Aconcagua-Reise hinausging. Wir sprachen über viele weitere Themen – unsere gemeinsamen Werte, Jasons und meine Erfahrungen auf Reisen und Abenteuern. Es war faszinierend zu hören, wie meine Eltern und ihr Lebensweg uns geprägt haben. Besonders beeindruckend war es zu sehen, wie mein Vater trotz aller Herausforderungen und Veränderungen immer eine tiefe Liebe zur Natur und zum Bergsteigen bewahrt hat.

Diese Geschichten und Erlebnisse haben mir nochmals verdeutlicht, wie wichtig es ist, seine eigenen Wege zu gehen und gleichzeitig die eigenen Werte und Erfahrungen mit der Familie zu teilen. Ich fühle mich unglaublich geehrt, nun hier in der Arktis zu sein, mit dem roten Expeditionsschlafsack, der schon so viel gesehen und erlebt hat. Dieser Schlafsack ist eben nicht nur ein Stück Ausrüstung, sondern ein Symbol für großartige Abenteuer.

Danke, Papa, für deine inspirierenden Geschichten und deine Unterstützung. Deine Erfahrungen und Weisheiten begleiten mich auf jeder Reise, und ich bin stolz, deine Abenteuer in der Arktis weiterzuführen.

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